Dr. Lea Grauhan (vom Universitätsklinikum Mainz), die einige schon von der Tagung des wissenschaftlichen Beirats der ASBH im November 2023 in Fulda kannten, trug in Weimar wiederum zu diesem wichtigen Thema vor:
Die Sehnerven bilden sich in der Embryonalentwicklung aus derselben Struktur, aus der das Gehirn entsteht. Sie sind eine Ausstülpung des Mittelhirns (Diencephalons) und folglich ebenso wie das Rückenmark und das spätere Gehirn mit Hirnflüssigkeit umspült. Eine Erhöhung des Liquordruck wirkt sich daher stark auf den Sehnerv aus.
Dr. Grauhan erläuterte, wie bei der augenärztlichen Untersuchung verfahren wird:
Die Bestimmung des Auflösungsvermögens (Visus), also umgangssprachlich wie scharf man sieht, erfolgt über die bekannten Tafeln mit den von Zeile zu Zeile kleiner werdenden Zeichen. Bei Kindern sei es hier besonders wichtig, dass keine Bilder verwendet werden, in deren Erkennen die kognitiven Fähigkeiten mit hinein spielen. Auch sollte diese Untersuchung mit optimaler Sehkorrektur (also mit der besten vorhandenen Brille) erfolgen.
Eine Farbsehprüfung wird durchgeführt um festzustellen, ob die Farbwahrnehmung auf beiden Augen gleich ist. Ein „Verblassen“ der Farben kann auf eine Schädigung des Sehnervs hindeuten.
Mithilfe des „Swinging Flashlight Tests“ wird ermittelt, ob bei beiden Augen der Pupillenreflex gleich ist. Die Augen werden abwechselnd für etwa 3 Sekunden angeleuchtet. Das Zusammenziehen der Pupillen soll dabei bei beiden Augen gleich sein.
Mit dem Hirschbergtest kann festgestellt werden, ob ein Strabismus (Schielen) vorliegt. Ein Lichtreflex auf der Hornhaut sollte auch hier seitengleich sein.
Die Funduskopie bezeichnet die Untersuchung des Augenhintergrundes. Eine Lupe wird direkt vor das Auge des Patienten gehalten, sodass der Augenarzt mithilfe einer Lampe durch die Pupille hindurch in das Auge hinein schauen kann. Die Beschaffenheit der Netzhaut, der Blutgefäße und eben auch des Sehnervs können so untersucht werden. Eine Schwellung an der Stelle, an der der Sehnerv in die Netzhaut mündet, wird als Papillenödem oder Stauungspapille bezeichnet und kann durch einen erhöhten Hirndruck hervorgerufen werden.
Möglichkeiten, einen geschädigten Sehnerv zu heilen, gibt es bislang nicht. Eine Verbesserung der Durchblutung am Sehnerv und eine Beobachtung des Augendrucks können allerdings dazu beitragen, den Sehnerv gesund zu erhalten. Erhöhter Blutdruck, Diabetes und Stressfaktoren können dazu beitragen, den Druck im Inneren des Auges zu erhöhen und so den Sehnerv zusätzlich zu schädigen. Homöopathische Mittel wie z.B. Ginkgo, die die Durchblutung des Gehirns anregen, können sich positiv auswirken. Allerdings sind Augendruck und Kopfdruck nicht miteinander zu verwechseln.
Eine von Frau Dr. Grauhan erwähnte Studie („Sensitivity of Papilledema as a Sign of Increased Intracranial Pressure“, Kinhulik et al. von 2023; Link: https://www.mdpi.com/2227-9067/10/4/723) zeigt, dass gerade bei kleineren Kindern der Hirndruck auf anderem Wege kompensiert wird (z.B. Vorwölbung der Fontanelle und Zunahme des Kopfumfangs) und so eine augenärztliche Kontrolle zu falsch negativen Ergebnissen kommen könnte. Erst bei älteren Kindern (die untersuchte Gruppe umfasste Kinder zwischen einem Monat und 18 Jahren) lag ein Papillenödem häufiger im Zusammenhang mit dem Hirndruck vor.
Ein Papillenödem deutet daher in jedem Fall auf einen erhöhten Hirndruck hin, wobei im Umkehrschluss Hirndruck nicht dadurch ausgeschlossen werden kann, dass keine Stauungspapille vorliegt.
Bei allen Menschen mit Hydrocephalus sollte daher eine jährliche bis halbjährliche Kontrolle des Sehnervs zu den Routineuntersuchungen gehören und als solche in den Leitlinien festgeschrieben werden, damit einzelne Augenärzte die Untersuchung nicht verweigern können.