D-A-CH e.V.? Was ist denn das? Das erklärte Sven Hornung sehr informativ in seinem Vortrag auf dem Fachkongress der ASBH, der im März dieses Jahres in Weimar stattfand.

D-A-CH steht für die Nationalitäten Deutschland, Österreich und Schweiz, und diese Länder haben 2015 gemeinsam die Vereinigung der Urotherapie e.V. gegründet. Sven Hornung ist Urotherapeut in Halle, Krankenpfleger und Initiator eines Stammtischs für Menschen mit und ohne Behinderung. Als Mitglied des Gründungsvorstands des Vereins berichtete er von seiner Arbeit.

Die Urotherapie – so kann man es auf der Internetseite des Vereins lesen – umfasst die Diagnostik, Behandlung und Betreuung von Menschen mit funktionellen, organisch bedingten und neurogenen Blasen- und Darmentleerungsstörungen.

In den skandinavischen Ländern gibt es die Urotherapie bereits seit 1992 als Weiterbildungsangebot. Urotherapeut*innen werden seitdem sowohl für den Kinder- als auch den Erwachsenenbereich ausgebildet. Dass die Therapie von Harn- und Stuhlinkontinenz nicht nur spezielle Kenntnisse, sondern auch interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert, ist eine Erkenntnis, die in den skandinavischen Ländern und Großbritannien bereits vor 20 Jahren gewonnen wurde.

Leider ist das Thema Harn- und Stuhlhalteschwäche noch immer tabuisiert. Viele Betroffene trauen sich daher nicht, darüber zu sprechen und finden so auch keine Hilfe. Gegen die Tabuisierung des Themas und die Stigmatisierung der Betroffenen arbeitet der D-A-CH e.V.

Ein erster Schritt in der urotherapeutischen Behandlung ist, den Betroffenen die normale Blasenfunktion zu erläutern und die vorliegende Funktionsstörung zu charakterisieren. Die Dokumentation erfolgt über Anamnesebögen und Miktionstagebücher. Hierin wird genau dokumentiert, wann die Blase entleert wird. Die Urotherapeut*in gibt daraufhin Ratschläge zum Ess- und Trinkverhalten und zur Darmentleerung. Die Familien der Betroffenen werden so begleitet und unterstützt.

Die spezielle Urotherapie beinhaltet darüber hinaus, die Betroffenen mit den entsprechenden Hilfsmitteln vertraut zu machen.

Im Fall von Spina bifida umfassen die Themen der Urotherapie auch Mobilität, Ernährung und Selbstständigkeit in Schule und Beruf.

Es ist wichtig, möglichst früh mit der urologischen Betreuung zu starten und genau zu diagnostizieren, wie der Blasen- und Nierenstatus ist. Danach wird die passende Strategie zur Blasen- und Darmentleerung entwickelt. Wenn sich abzeichnet, dass ein Katheterisieren erforderlich sein wird, sollte möglichst früh damit begonnen werden. Auch der Selbstkatheterismus sollte möglichst früh eingeübt und die Familien an die entsprechenden Hilfsmittel herangeführt werden. Und da Blase und Darm zusammen gehören, informiert die Urotherapeut*in auch hier über die verschiedenen Hilfsmittel, von Lecicarbon-Zäpfchen (Nach dem Einführen entwickelt sich CO2, welches ohnehin im Darm vorkommt. Der Darm wird angeregt, durch das Gas nimmt das Volumen im Enddarm zu und das Entleeren wird erleichtert) bis hin zu Irrigationssystemen mit blockbaren Kathetern.

Die Urotherapie umfasst nicht nur medizinische Unterstützung, sondern auch Verhaltenstraining und psychologische Unterstützung – und hat somit den ganzheitlichen Blick auf Blase und Darm.

Auf ihrer Internetseite bietet der Verein D-A-CH neben der Therapeutensuche auch eine Elternbroschüren zum Download an. Die verlinkte App „toilet finder“ zeigte bei einem ersten Test eine Toilette im Haus meiner Nachbarn an – da kann ich noch keine Empfehlung aussprechen, werde aber vielleicht in einem späteren Beitrag darauf zurück kommen.

Für Interessierte bietet D-A-CH vierteljährlich den „Urotalk“, einen Online-Austausch an, der sich allerdings eher an das Fachpublikum richtet.

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