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Neurologische Aspekte der Langzeitversorgung bei Spina bifida

Frau Dr. Anne Bredel-Geißler, Leiterin des MZEB an der Rheinhessen Fachklinig in Mainz, trug im Rahmen des Fachkongresses in Weimar zu diesem Thema vor.

Fehlbildungen des ZNS (Zentralen Nervensystems), die mit Spina bifida assoziiert sind, sind Hydrocephalus internus, Chiari Malformation und tethered cord. In ihrer Funktion hierdurch beeinträchtigt sind Harnwege, Darm, Muskulatur, Sensibilität, Haut und Skelettsystem, wobei das klinische Bild abhängig von der Größe des Defekts und der Höhe der Läsion ist.

Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, dass die Ausprägungen von Spina bifida und Hydrocephalus erstens sehr variabel sind, das heißt, dass sie von Fall zu Fall sehr unterschiedlich ausfallen. Zweitens sind sie dynamisch im Verlauf, das heißt, dass sie sich im Laufe des Lebens verändern können. Das Rückenmark, normalerweise locker im Wirbelkanal hängend, wandert im Laufe des Wachstums bis auf die Höhe des 2. Lendenwirbels. Bei Spina bifida ist es jedoch auf Läsionshöhe fixiert. Man spricht hier von einer Aszensionshemmung, einem „gefesselten Rückenmark“ – einem „tethered cord“. Dieses tethered cord haben alle Menschen mit Spina bifida (Randbemerkung: weswegen man als Spina bifida Betroffener auch lieber keine Spinalanästhesie bekommen sollte). Diese Anheftung kann klinisch unauffällig sein, es können sich hier jedoch auch Symptome entwickeln:

Lähmungserscheinungen der unteren Extremitäten, Missempfindungen in Beinen und Füßen, eine Veränderung hinsichtlich der Kontinenzsituation sind Symptome einer Schädigung durch das angeheftete Rückenmark. Achtung: was als Verbesserung wahrgenommen wird, wenn z.B. jemand mit einer Durchlaufblase plötzlich den Urin halten kann, ist hier als Warnzeichen zu werten. Frühe Anzeichen eines symptomatischen tethered cord sind Schmerzen im Bereich der Zele, beginnende Fußfehlstellungen und eine schleichende Verschlechterung in der Motorik und Feinmotorik.

Die Herausforderung liegt darin, das Ganze so zeitig zu erkennen, dass eine dauerhafte Schädigung verhindert werden kann.

Das Diagnosewerkzeug der Wahl stellt hier die Elektrophysiologie dar. SSEP-Messungen (somatosensibel evozierte Potenziale) funktionieren so, dass man misst, wie schnell ein am Mittelfinger oder Fuß gesetzter Stromreiz am Gehirn (gemessen mittels Ableitung von der Kopfhaut) ankommt. Wichtig hierbei ist, dass eine solche Messung regelmäßig durchgeführt wird. Eine verzögerte Reizweiterleitung allein ist bei Spina bifida nicht unüblich, aber die Verlaufskontrollen ermöglichen, eine Verschlechterung der neurologischen Situation frühzeitig zu erkennen.

AEP, akustisch evozierte Potenziale, können helfen, im Falle einer Chiari Fehlbildung Verschlechterungen zu diagnostizieren.

Das MRT ist für die Verlaufskontrolle nach wie vor sehr wichtig. Im Gegensatz zu (durch Strahlung belastenden) Röntgen- und CT-Untersuchungen eignet es sich optimal für die Darstellung des Gehirns und des Rückenmarks. Die Indikation für ein MRT sind klinische Symptome – z.B. auch eine Verschlechterung bei der SSEP-Messung, aber auch routinemäßig sollte etwa alle fünf Jahre ein MRT gemacht werden.

Wichtig ist es zu beachten, dass keines der Untersuchungsinstrumente alleine ausreicht. Da es keine objektivierbaren Therapieansätze gibt (aufgrund der extrem unterschiedlichen Ausprägungen der Symptome bei Spina bifida), ist es unerlässlich, in der Langzeitbetreuung multidisziplinär und möglichst mit einem konstanten Behandlungsteam zu arbeiten. Nur so können die neurologischen Auswirkungen bei Spina bifida (bedingt durch Hydrocephalus, Chiari und tethered cord) in ihrer ganzen Bandbreite berücksichtigt werden.

Übrigens: bei Shunt versorgtem Hydrocephalus sollte das MRT eine Feldstärke von maximal 1,5 Tesla haben, damit das Ventil nicht beschädigt wird.

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