Die zweite „Baustelle“, die bei den meisten Neugeborenen mit Spina bifida zu Handlungsbedarf führt, ist der Hydrocephalus. Oft erkennt man schon im Ultraschall, dass im Kopf des Babys die Kammern, die die Gehirnflüssigkeit enthalten, erweitert sind. Das Wasser ist im Ultraschall als große schwarze Fläche zu sehen. Die Ärzte sprechen dann von erweiterten Ventrikeln und Liquoransammlungen.

Die Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit (denn der Liquor zirkuliert nicht nur im Gehirn sondern auch im Rückenmark) hat wichtige Funktionen: zum einen dämpft sie mechanische Stöße ab, sorgt aber auch für Temperaturausgleich und ist wichtig für den Stoffwechsel des zentralen Nervensystems.

Normalerweise liegt hier ein Gleichgewicht vor: Zwischen 500 und 700 ml Flüssigkeit wird täglich in den Ventrikeln (den Kammern im Gehirn) gebildet und vom Körper wieder abgebaut. Wenn nun dieses Gleichgewicht gestört ist und die Flüssigkeit aus dem Gehirn nicht mehr abfließen kann („Aquädukt-Stenose“ heißt das dann), werden die Kammern im Gehirn immer größer.

Bei Neugeborenen, bei denen die Nähte der Schädelplatten ja noch nicht geschlossen sind, nimmt der Kopfumfang hier überdurchschnittlich zu. Daher wird bei den U-Untersuchungen bis zur U9 immer auch der Kopfumfang dokumentiert. Der beim Kind gemessene Kopfumfang wir in das Koordinatensystem hinten im U-Heft eingetragen und zu einer individuellen Kurve verbunden. Gefährlich wird es, wenn diese dann eine der vorgezeichneten Kurven („Perzentilen“) kreuzt.

Bei Kindern mit Spina bifida, bei denen nicht bereits vor der Geburt ein Hydrocephalus festgestellt wird, ist das Messen des Kopfumfanges also sehr wichtig. Man sollte möglichst immer mit demselben Maßband messen und möglichst auch immer an derselben Stelle, damit die Werte vergleichbar sind.

Kommt es zu einem Kreuzen einer dieser Norm-Kurven, muss operativ eine künstliche Ableitung, ein „Shunt“ anlegt werden. Ein winziger Schlauch wird von einem der Ventrikel bis in den Bauchraum gelegt. Ein Ventil sorgt dafür, dass genau die richtige Menge Flüssigkeit abgeleitet wird.

Auch nach der Shuntanlage sollte man jedoch weiterhin messen, denn auch die künstliche Ableitung kann verstopfen (zum Beispiel durch Eiweiße, denn der Schlauch ist wirklich sehr dünn). Bei älteren Kindern und Erwachsenen hingegen sind es andere Anzeichen, auf die man achten muss. Dazu gibt es aber demnächst einen eigenen Beitrag.

Auch wenn es an der Stelle, wo sich die operierte Cele befindet, zu einer Aufwölbung kommt, ist das ein Zeichen, dass das Gleichgewicht zwischen Bildung und Abbau der Gehirnflüssigkeit gestört ist.

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