Ich durfte in diesem Jahr zum zweiten Mal an der Wissenschaftlichen Tagung der ASBH in Fulda teilnehmen und möchte hier über meine persönlichen Eindrücke und „highlights“ berichten – und zwar aus meiner Perspektive als Mutter eines Kindes mit Spina bifida und Hydrocephalus und ohne medizinische Kenntnisse, die über das Expertenwissen hinausgehen, das man sich zwangsläufig mit der Zeit aneignet, wenn das eigene Kind oder man selbst von dieser Behinderung betroffen ist.
Zum Thema Spina bifida occulta referierten Prof. Dr. Matthias Krause, Neurochirurgie UK Leipzig und Dr. Janina Gburek-Augustat, SPZ der UK Leipzig (Schwerpunkt Neuropädiatrie).
Wenn man sich über Spina bifida informiert, liest man immer wieder, dass die Spina bifida occulta die mildeste Form der Spina bifida ist, weitgehend ohne Auswirkungen verläuft und meist keiner Behandlung bedarf.
Vor diesem Hintergrund war der Vortrag von Dr. Matthias Krause sehr spannend. Während nämlich bei den offenen Formen der Spina bifida spätestens bei der Geburt des Kindes deutlich wird, dass hier medizinischer Handlungsbedarf besteht, kann es sein, dass bei der occulten Form, bei der der Hautverschluss über dem gespaltenen Wirbelbogen gelingt, die tatsächliche Ausprägung der Fehlbildung gar nicht bemerkt wird. Manchmal zeigen sich größere Lipome im Bereich der Wirbelsäule, aber auch kleine Haarbüschel oder winzige Hautauffälligkeiten („cigarette burn“) können Anzeichen sein, werden jedoch oft nicht richtig gedeutet. Symptome treten zum Teil erst Jahre später auf, wenn zum Beispiel das Kind im Kindergarten- oder Schulalter noch immer nicht „trocken“ ist. Für viele Patienten beginnt dann ein Leidensweg, bis die Ursache der auftretenden Beschwerden (wenn überhaupt) endlich gefunden wird.
Im Gegensatz zur bisherigen Praxis, bei der eine Spina bifida occulta nicht operativ behandelt wurde, sofern keine Symptome auftreten, betonte Prof. Dr. Krause, dass bei geschlossenen Dysraphien (Fehlbildungen infolge einer mangelhaften Rückenmarksanlage) zwar kein akuter Handlungsbedarf besteht wie bei der offenen Spina bifida, dass sie jedoch auf jeden Fall therapiebedürftig sind.
In einer Operation ab dem zweiten Lebensjahr wird das neuronale Gewebe von den umliegenden Schichten getrennt. Dabei werden spontane Nervenreaktionen während der OP ganz genau überwacht, damit das Nervengewebe nicht geschädigt wird. Die Operation kann bewirken, dass die Patienten später keinerlei Symptome entwickeln. Auch das sogenannte „tethering“ (Verwachsen des Rückenmarks, sodass durch auftretende Spannung im Zuge des Wachstums Nerven dauerhaft geschädigt werden) kann so verhindert werden.
Ansonsten gilt bei der Spina bifida occulta die gleiche Nachsorge wie bei ihren offenen Formen, und auch suptile klinische Symptome müssen ernst genommen werden.
Dr. Gburek-Augustat, Oberärztin am SPZ der Uniklinik Leipzig, nannte hier Rücken- und Beinschmerzen, sowie die Beeinträchtigung der Ausscheidungsfunktionen und Harnwegsinfekte. Das Gangbild, die Motorik, Sensibilitätsstörungen und eventuell auftretende Deformitäten können Auswirkungen einer Spina bifida occulta sein und sollten unbedingt im MRT abgeklärt werden.
Fazit: Man muss genau hinschauen, bei der Geburt, bei Symptomen, die man scheinbar nicht erklären kann, und als Rat an uns Eltern: Vorsicht bei Äußerungen wie „das wächst sich aus“, denn manchmal tut es das eben nicht.