Ich durfte in diesem Jahr zum zweiten Mal an der Wissenschaftlichen Tagung der ASBH in Fulda teilnehmen und möchte hier über meine persönlichen Eindrücke und „highlights“ berichten – und zwar aus meiner Perspektive als Mutter eines Kindes mit Spina bifida und Hydrocephalus und ohne medizinische Kenntnisse, die über das Expertenwissen hinausgehen, das man sich zwangsläufig mit der Zeit aneignet, wenn das eigene Kind oder man selbst von dieser Behinderung betroffen ist.

Den Einstieg in den dritten Themenkomplex der Tagung, Hydrocephalus – Shuntsysteme – Systemversagen bildete der Erfahrungsbericht eines Vaters, dessen erwachsener Sohn einen shuntversorgten Hydrocephalus hat.

Im Babyalter war der Hydrocephalus vom Kinderarzt bereits nicht diagnostiziert worden, obwohl bei der Messung des Kopfumfanges im Rahmen der kinderärztlichen Kontrolluntersuchungen bereits Perzentilen gekreuzt wurden. Die Versorgung mit einem Shunt erfolgte daher so spät, dass der Sohn durch den Hirndruck schwere Beeinträchtigungen der geistigen Fähigkeiten davon getragen hat.

Als junger Erwachsener traten schließlich starken Kopfschmerzen auf, zu deren Abklärung MRT- und CT-Befunde erhoben wurden. Diese wurden jedoch als unauffällig eingestuft, die Beschwerden als „psychosomatisch“ abgetan.

Der Augenarzt stellte zu dem Zeitpunkt zwar bereits einen „besorgniserregenden Zustand“ des Sehnervs fest, an der Klinik jedoch, die der Vater mit seinem Sohn aufsuchte, glaubte man nicht an ein Shuntversagen, da auf den Bildern nichts davon zu erkennen gewesen sei. So folgte im Laufe von mehreren Wochen eine Odyssee von einem Klinikaufenthalt zum anderen, der Zustand des Patienten verschlechterte sich zusehends, er wurde apathisch, schielte inzwischen bereits auf einem Auge. Fast drei Monate nach dem ersten Auftreten der Beschwerden wurde an einer anderen Uniklinik endlich auch die Diagnose Kopfdruck gestellt und eine Shuntrevision durchgeführt, woraufhin die Beschwerden verschwanden.

In der auf diesen sehr erschreckenden Bericht folgenden Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass eine Shuntinsuffizienz tatsächlich nicht leicht zu diagnostizieren sei und daher oft verschleppt werde. Hinzu komme eine ausgeprägte „Bildgebungs-Gläubigkeit“, das heißt, wenn ein Befund im MRT nicht zu erkennen ist, wird eher versucht, andere Erklärungen für die vorhandenen Symptome zu finden (→ psychosomatische zum Beispiel), als in Betracht zu ziehen, dass die Bilder eventuell irreführend sind.

Auch das Problem Schlitzventrikel wurde angesprochen. Schlitzventrikel beschreiben zunächst kein Krankheitsbild, sondern sind nur als Aussage über die Größen der Ventrikel zu verstehen. Infolge einer Überdrainage können die Flüssigkeitsräume im Gehirn sehr schmal werden, solange jedoch das Shuntsystem funktioniert, ist alles in Ordnung. Allerdings können hier aufgrund des kleinen Volumens und der geringen Plastizität der Ventrikel auch schon minimale Zunahmen des Volumens zu einem großen Druckanstieg führen.

Es wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass Shuntsysteme ein Punktionsreservoir besitzen. Diese unter der Haut implantierte Kammer ist mit dem Zentralkatheter verbunden und kann steril mit einer Nadel punktiert werden, um Liquor zu Untersuchungszwecken zu entnehmen, aber auch, um festzustellen, ob ein Überdruck vorliegt.

Das Fazit dieser Diskussionsrunde ist erstens, dass man sich als Eltern eines Kindes mit Shunt versorgtem Hydrocephalus nicht abwimmeln lassen soll, wenn die Symptome Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen auftreten – schon gar nicht, wenn die augenärztliche Untersuchung noch Stauungspapillen ergeben hat.

Zweitens sollte man als Angehöriger oder Freund eines Shuntträgers immer sehr gut auf den Patienten achten, um Kopfdruck Anzeichen frühzeitig zu erkennen.

Später trug noch Dr. Lea Grauhan von der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg- Universität Mainz zum Thema Augenuntersuchungen bei Hydrocephalus vor.

Sie erläuterte noch einmal den Zusammenhang zwischen Hydrocephalus und Auge: der Sehnerv ist außen von der Dura umschlossen und wird von Liquor umspült, weswegen eine Erhöhung des Drucks sich direkt auch auf den Sehnerv auswirkt. Symptome können eine Verschlechterung der Sehschärfe, eine Einschränkung des Sichtfeldes und eine Unschärfe der Konturen und Farben sein.

Die Stauungspapille (auch Papillenödem) ist eine Schwellung an der Stelle, an der der Sehnerv das Auge verlässt, und sie ist sehr gut in einer augenärztlichen Untersuchung zu diagnostizieren. Auch wenn nicht jeder Hirndruck zwangsläufig eine Stauungspapille mit sich bringt, ist doch in der Umkehr jedes Papillenödem unbedingt abzuklären.

Eine sehr aussagekräftige – wenn auch leider nicht im Leistungsumfang der Krankenkassen enthaltene – Untersuchung sei hier, so Dr. Grauhan, die optische Kohärenztomographie (OCT). Vergleichbar ist die OCT mit einer Ultraschalluntersuchung, allerdings wird hier (Laser-) Licht anstelle des Schalls eingesetzt. Der Augenhintergrund wird mit Laser bestrahlt und die Reflexionen ausgewertet. So können die verschiedene Schichten von Netzhaut und Sehnerv sehr detailliert dargestellt werden.

Zur Diagnose einer Stauungspapille reicht jedoch auch die einfache Untersuchung des Augenhintergrundes mittels Spiegel und Lupe (Ophthalmoskopie), die jeder, der mit einem Hydrocephalus lebt, mindestens einmal im Jahr durchführen lassen sollte.

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